Rüdigers 2002 turbo

 

Seinen 2002 turbo hat Rüdiger 2008 von Hans Lehner (in der 02-Szene kein Unbekannter) erworben. Wie bei manch anderem 2002 turbo wurde auch bei diesem ein Ladeluftkühler und abgasseitig geregelter Lader nachgerüstet. 

Der Vorbesitzer ging aber noch einen Schritt weiter, und verbaute an einem Rumpfmotor mit erhöhter Verdichtung (>8 statt 6,9:1) statt der mechanischen Kugelfischer Einspritzpumpe ein frei programmierbares Steuergerät. Dieses übernahm auch die Zündzeitpunktverstellung, der mechanische Zündverteiler entfiel komplett und wurde durch vier Einzelzündspulen ersetzt. 

Durch die Umstellung auf eine elektronische Einspritzung statt der mechanischen wurde auch eine Änderung des Saugrohrs fällig, um die zugehörigen Einspritzventile unterzubringen: die Wahl fiel auf das Einzeldrosselsaugrohr des E30-M3, das mittels Adapterplatten fixiert wurde. Der Motor wurde voll sequentiell betrieben, mittels eines (Induktiv-) Drehzahlgebers an der Riemenscheibe und einem (Hall-) Totpunktgeber an der Nockenwelle. Die Lasterfassung erfolgte wie bei Einzeldrossel üblich über die Drosselklappenstellung, korrigiert über den anstehenden Ladedruck, überwacht durch eine Breitbandlambdasonde.


 
Selbstverständlich wurden auch die Kraftübertragung, Bremsen und Fahrwerk überarbeitet: die angepeilte Leistung betrug 320 PS bei 2,2 bar Ladedruck (Absolutdruck). Derart hochgerüstet war der 02 eine Attraktion, z. B. auf dem Stand des Touring Clubs bei der Classic Mobil in München im Jahr 2004.

 

 

Nach dem Besitzerwechsel zeigte sich im gelegentlichen Einsatz, dass die verbaute anspruchsvolle Technik doch manchmal nach einer kundigen Hand verlangt. Mit etwas anderen Schwerpunkten als bei "normalen" 02ern - ohne Laptop kommt man bei Diagnose und Einstellarbeiten nicht weiter.

Deshalb fiel schließlich der Entschluss, die Motorsteuerung etwas zu vereinfachen, und gleichzeitig auch optisch wieder dem historischen Original anzunähern. Also ein Rückbau auf Sammelsaugrohr, um die Lasterfassung über den Saugrohrdruck zu ermöglichen, gleichzeitig kann so auch der Ladedruck erfasst und über ein Taktventil elektronisch geregelt werden. 

 

Als Basis für den Umbau diente das Saugrohr des E21-Dreiers mit K-Jetronik, diese Empfehlung kam von einem 02-Schrauber der schon mal einen Sauger auf L-Jetronik umgebaut hat. Die Teile des 320i eignen sich (bei praktisch gleicher Optik) durch die Lage und Anzahl der Anschlüsse besser als die des 2002tii. Die Benzingalerie hingegen stammt vom E30, musste aber im Bereich der Drosselklappe ausgenommen werden. Hier der umgearbeitete Ansaugstutzen, noch im Rohzustand:




Die Drosselklappe hingegen ist wieder ein 02-Teil, allerdings deutlich abgeändert: die "Linearisierungsmechanik", die Betätigungswelle mit dem "Halbmond" wurde ausgebaut. Im Serienzustand dient diese Umlenkung dazu, den Luftdurchsatz über den Gaspedalweg gleichmäßig zu steigern. Eine direkt betätigte Drosselklappe gibt auf der ersten Hälfte des Drehwinkels deutlich mehr Querschnitt frei als beim restlichen Weg.

Über den BMW Turbo-Rennmotor von 1969 wurde berichtet, dass der Motor bereits ab 50° Öffnung der Drosselklappe die volle Leistung hatte (MTZ 30/69). Also war es naheliegend, den Motor mit einem Grundladedruck zu betreiben, und ab der Hälfte des Pedalweges den Ladedruck und damit die Leistungsabgabe über das Ladedruckkennfeld zu erhöhen. Deshalb wurde der Klappenstutzen komplett umgebaut:  die Zwischenwelle entfiel, das erforderliche Klappen Poti nahm den Platz des Umlenkhebels ein, die Drosselklappenwelle wurde umgedreht und oben ein Leerlaufanschlag angebracht, die Betätigung erfolgt von unten über einen Seilzug.



Die vorhandene Drehzahlerfassung wurde ja bereits beschrieben, erst war angedacht den OT-Geber an der Nockenwelle entfallen zu lassen und stattdessen den Totpunkt über eine Lücke im Zahnkranz an der Riemenscheibe zu erfassen. Da noch die Teile einer Bosch Hallgeberzündung  zur Verfügung standen, habe ich beim Aufbau des (starren) Zündverteilers diese gleich mit eingebaut. 

Nachteil bei der Drehzahl- oder Totpunkterfassung an Nockenwelle oder Zündverteiler ist die Ungenauigkeit durch Spiel und Wärmeausdehnung der Steuerkette. So wurden schließlich auf der Schwungscheibe zwei Magnete fixiert, und mittels eines am Abdeckblech montierten Hall-ICs ausgewertet. Diese einfache und günstige Bauart hat sich beim 02 targa des Verfassers über Jahre gut bewährt, bei richtiger Positionierung entspricht das Ausgangssignal des des Zündverteilers. Die Winkelstellung kann durch Abzählen der Zähne errechnet werden, die beiden scheibenförmigen Magneten werden mittels Schablone angeklebt.



Das Management des Motors übernimmt ein Trijekt Steuergerät Version 3. Neben der Einspritzung und Zündung ist auch die Ladedruckregelung integriert, wobei diese von Hand aktiviert werden kann - ansonsten wird der Motor mit einem Grundladedruck beaufschlagt, die Leistung entspricht dann etwa dem Serienmodell.

Die Trijekt Steuerung ist freiprogrammierbar und verfügt über eine Lernfunktion für die Kraftstoffzumessung: über eine Rückmeldung eines Lambdamessgerätes wird das Kennfeld selbsttätig korrigiert. Der vorhandene Lambda Controller wurde ersetzt durch ein Zeitronix ZT-2, welches noch weitere Eingangsgrößen verarbeiten kann, u. a. die Abgastemperatur. Da diese beim Ladermotor eine kritische Größe ist, wird bei Überschreiten des Grenzwertes das Gemisch angereichert und der Ladedruck reduziert.



Die Daten und Kennfelder z. B. für die Zündung können (und müssen!) selbst programmiert werden. Für M10 Saugmotoren gibt es Vergleichsdaten in Fülle, bei aufgeladenen Motoren ist die Auswahl sehr dünn: neben den Angaben des Serienturbo habe ich auf die Daten des Rennmotors von 1969 zurückgegriffen (beide bekanntlich ohne Ladeluftkühlung) und Berichte über den Porsche 924 Turbo in GT/GTS Ausführung studiert. Porsche hat seinerzeit den Turbomotor sehr ehrgeizig und konsequent entwickelt, im Gegensatz zur Serie waren die Rennausführungen übrigens mit Kugelfischer Einspritzpumpen ausgerüstet! Mehr zufällig ist im BMW turbo mittlerweile die gleiche Zündspule wie in den besagten Porsche verbaut.

  


Erfahrungsgemäß sind mit einer Verteilerzündung Ladedrücke bis etwa 1 bar Überdruck realisierbar, darüber muss mit Zündaussetzern gerechnet werden. Diese Grenze wurde als Richtwert für die Erstellung des Druckregelkennfeldes berücksichtigt. Sollte mehr Druck (und Leistung) benötigt werden, bliebe noch der Einbau einer Kondensatorzündung.


 
Schon rein optisch ist der Motor nun weit weniger spektakulär: wäre der Geräuschpegel der Auspuffanlage etwas niedriger, könnte der 2002 turbo beinahe als alltagstauglich durchgehen.

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